Konjunktur: Konjunktur und Konjunkturverlauf

Konjunktur: Konjunktur und Konjunkturverlauf
Konjunktur: Konjunktur und Konjunkturverlauf
 
Unter Konjunktur versteht man Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotenzials, die eine gewisse Periodizität aufweisen (in Abgrenzung von Impulsen durch einmalige Sondereinflüsse) und gesamtwirtschaftlich wirken (in Abgrenzung von Saison- und Branchenentwicklungen). Je nach Größe und Offenheit einer Volkswirtschaft ist ein Staat abhängig von der internationalen konjunkturellen Entwicklung. Insbesondere kleine und/oder exportintensive Länder stehen in einem engen internationalen Zusammenhang. Eine allgemein akzeptierte Theorie, warum ein marktwirtschaftliches System in Schwingungen gerät, existiert nicht. Ebenso strittig wie die Ursachen der Konjunktur ist auch die Frage, ob eine staatliche Stabilisierungspolitik betrieben werden soll und kann, die entweder die konjunkturellen Bewegungen abschwächt oder im Idealfall verhindert.
 
 
Ein Konjunkturzyklus besteht aus einer Aufschwung- und einer Abschwungphase und dauert typischerweise zwischen drei und acht Jahren. Ein vollständiger Konjunkturzyklus reicht von einem oberen (unteren) Wendepunkt zum nächsten oberen (unteren) Wendepunkt. Die Bewegung hin zu einem Hochpunkt wird als Aufschwung bezeichnet, jene zu einem Tiefpunkt als Abschwung; Aufschwung- und Abschwungphasen verlaufen im Allgemeinen nicht symmetrisch.
 
Gemessen wird die konjunkturelle Entwicklung eines Landes an den Wachstumsraten des realen Bruttoinlandsprodukts. Aber auch die Veränderungen dieser Wachstumsraten sind für die Beurteilung der ökonomischen Lage eines Staates wichtig. Nimmt das Bruttoinlandsprodukt in absoluten Zahlen betrachtet ab, liegen also negative Wachstumsraten vor, dann spricht man von einer Rezession. Überschreiten diese negativen Veränderungsraten einen bestimmten Schwellenwert, dann liegt der Fall einer Depression vor.
 
 Konjunkturzyklen in der Bundesrepublik Deutschland
 
Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland traten vier nennenswerte Rezessionen auf (1966/67, 1974/75, 1981/82, 1993-96), deren Stärke als auch Dauer unterschiedlich ausfielen. Nach 1983 setzte der zeitlich längste Aufschwung in Westdeutschland ein, aber auch die nachfolgende Rezession war bislang die schwerste für die Bundesrepublik. Bei positiven Wachstumsraten wächst eine Volkswirtschaft, die Produktion steigt an. Allerdings sind positive Wachstumsraten kein Indiz für einen konjunkturellen Aufschwung. Wuchs eine Wirtschaft im vorausgegangenen Jahr um 4 % und im laufenden um 1 %, dann steigt zwar in beiden Jahren das reale Bruttoinlandsprodukt, aber im laufenden Jahr deutlich geringer als im Vorjahr. In einer derartigen Situation wird von einer Abschwächung der konjunkturellen Entwicklung gesprochen. Umgekehrt verhält es sich, wenn eine Wirtschaft schrumpft: Beträgt die gegenwärtige Veränderungsrate -1 % gegenüber -4 % im Vorjahr, dann interpretiert man dies als Anzeichen einer sich wieder belebenden wirtschaftlichen Entwicklung.
 
 Konjunkturelle Arbeitslosigkeit, Inflation
 
Eng verbunden mit der konjunkturellen Entwicklung ist das Verhalten auf dem Arbeitsmarkt einerseits und die Preisentwicklung andererseits. In Abschwungphasen und Rezessionen kommt es zu einem Beschäftigungsabbau und somit zu Arbeitslosigkeit; in einer Aufschwungphase belebt sich hingegen die Beschäftigung wieder, und es kommt im Allgemeinen zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit. Die durch die konjunkturellen Schwankungen erzeugte Arbeitslosigkeit wird als konjunkturelle Arbeitslosigkeit bezeichnet. Im Gegensatz zur Arbeitslosigkeit, die strukturelle Ursachen hat (strukturelle Arbeitslosigkeit), ist die konjunkturelle Arbeitslosigkeit ein zeitlich befristetes Phänomen. In einem konjunkturellen Boom - ein Aufschwung hält bereits seit mehreren Jahren an - kann es zu Preissteigerungen und somit zu einer Inflation kommen. Übersteigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage die kurzfristigen Produktionsmöglichkeiten, dann eröffnen sich für die Unternehmen Preiserhöhungsspielräume. Aber auch von der Lohnseite her kann es zu Preissteigerungen kommen, wenn infolge der guten Beschäftigungssituation Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, die über das Produktivitätswachstum hinausgehen. Geben die Unternehmen die gestiegenen Lohnkosten über die Preise an die Konsumenten weiter, dann erhöht sich das gesamtwirtschaftliche Preisniveau, und es beginnt eine Inflation. Indes zeichnen sich konjunkturelle Abschwungphasen durch eine zurückhaltende Lohn- und Preispolitik aus, da einerseits die Gefährdung der Arbeitsplätze steigt und andererseits die Unternehmen mit Preissteigerungen noch mehr Umsatzeinbußen hinnehmen müssten.

Universal-Lexikon. 2012.

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